Zum Inhalt:
"Ich will noch irgendwas kaputt machen!" - "Irgendwas oder irgendwen?"
Dieses Ritual läuft jetzt schon fast 15 Jahre in der Hooligan-Clique 66/67. Seit Teenagertagen ist es das feste Wochenend-Spektakel. Zum Spiel gehen - falls man kein Stadionverbot hat - und in der dritten Halbzeit den Gegnern ordentlich eins aufs Maul hauen. Da können auch schon mal Knochen brechen. Fabian, Otto und der Rest der Truppe halten für Eintracht Braunschweig fest zusammen. Sie tragen sogar das Jahr, in dem die Eintracht letztmalig deutscher Meister wurde, als Branding auf der Brust. Jetzt droht der Abstieg aus der 3. Liga. Der Tag des Entscheidungsspiels wird unerwartet auch zum Schicksalstag für die Zukunft der Clique.
Mein ausführliches Statement:
66/67 startet jedoch ungewöhnlicherweise nicht direkt mit einer Schlägerei rivalisierender Hooligan-Gruppen, sonder ganz ruhig in der Stammkneipe der Jungs. Allem Anschein nach ist jemand aus ihrem Bekannten- oder gar Freundeskreis gestorben und sie sind auf einer Beerdigung. Otto hat sich auf der Toilette eingesperrt und möchte mit niemanden reden. Dann lässt er seine Erinnerung schweifen - Zeitsprung.
Eines sei gleich im Voraus gesagt - hier sollte man keinen 08/15-Schlägerfilm erwarten. Dieser Film ist anders. Leider bleibt er aber auch noch in der Inszenierung hinter Genre-Klassikern wie „The Football Factory“ oder „Hooligans“ deutlich zurück. Doch wir wollen ja nicht zuviel im Vorfeld verraten....
Problematisch und anstrengend zugleich ist eine eindeutige Kategorisierung dieses Films. Es ist sehr schwer abzuschätzen, welche Themen dieser Film nun tatsächlich behandeln möchte und worauf er abzielt. Vom homosexuellen Hooligan rüber zur türkischstämmigen Geliebten, hinweg über die Fußballnostalgie der vergangenen Erfolge bis hin zur bedeutungslosen Schlägerei mit unbeteiligten oder hinterlistigen Angriffen auf andere, gewaltdesinteressierte, Anhänger anderer Vereine. Viele Klischees, die in fast zwei Stunden Laufzeit bedient werden und am Ende ist der Film eben eher ein Drama, wobei dessen zentrale Figur Florian und dessen problematische und unzufriedene Lebenssituation zu sein scheint.
Der Film spielt in der Hooligan-Szene. Beginnend mit der Gesamtaktion an sich, dass sich ein paar Fußballfans auf der Toilette einer Kneipe eines verhassten Vereins verstecken, um anschließend in mehrfacher Überzahl einem Fußballfan körperlich beizukommen führt die Bezeichnung "Hooliganfilm" bereits an dieser Stelle ad absurdum. Darüber hinaus ist es als Fußballkenner äußerst skurril, weshalb man an dieser Stelle auf den absolut unbedeutenden Fußballverein "VfL Wolfsburg" zurückgegriffen hat, obwohl die wahre Rivalität zwischen Braunschweig und Hannover besteht. Wolfsburg besitzt einen Rivalitätsfaktor von Null, zumindest was die Fan- und Gewaltszene betrifft. Hier hat man seine Unkenntnis also bereits unter Beweis gestellt, indem man lediglich regionale Aspekte betrachtet hat ohne diese mit Hintergrundwissen zu durchleuchten. Somit kann man den Film an sich als Hooligan-Film nicht wirklich ernst nehmen.
Womit wir dann auch schon beim schwierigsten Punkt dieser Kritik angekommen sind. Der Frage was man von all dem halten soll. Schwierig!?
Warum sollte das schwierig sein? Nun ja, eben weil 66/67 kein leichter Film ist. Er animiert zum Nachdenken, lädt in die Gefühlswelt der Handelnden Personen ein und ist eben so ganz anders als man das von Hooligan-Prügelfilmen erwartet. Eben weil er genau genommen nicht einmal einer ist. Bei 66/67 handelt es sich vielmehr um ein Drama im Umfeld der Hooligan-Szene - der leider völlig falsch beworben wird. Der Trailer und die Beschreibung auf der DVD - all das vermittelt den Anschein dass es eben kein Drama ist, das sich der Film auf die Gewalt und die Action beschränkt. Genau das mag auch der Grund sein, warum man im ersten Moment dem Film äußerst skeptisch gegenübersteht nachdem der Abspann zu laufen beginnt. Doch nachdem sich der Film etwas gesetzt hat und die falsche Erwartungshaltung weg ist hat man es mit einem nicht uninteressanten Drama zu tun.
Fazit:
Daumen hoch für diesen mutigen und irgendwie auch andersartigen Film im Milieu von Fans und Schlägern. Man darf nur nicht erwarten, dass sich bei diesem Film auf die Gewalt konzentriert wird. Wer etwas offen an diesen Film herangeht und ein Liebhaber interessanter Dramen ist, könnte an 66/67 sicherlich seine Unterhaltung finden. Allgemein betrachtet: Endlich einmal wieder ein deutscher Film, der nicht in Belanglosigkeit untergeht aber letztendlich doch eher enttäuscht - wie leider unendlich viele vor ihm.
musikalischer Background des Verfassers ...sehr viel
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