"Sounds of a Playground Fading" markiert im Jahre 2011 den endgültigen Anbruch einer neuen Ära in der lange und erfolgreichen Karriere von IN FLAMES. Nicht nur handelt es sich um das erste Album, das jetzt bei Century Media und nicht dem vorherigen Vertragspartner Nuclear Blast erscheint. Es ist außerdem das erste Album, das seit Ewigkeiten ohne den entlassenen Jesper Strömblad, seines Zeichens ältestes einstmals verbliebenes Mitglied der Band und zuständig für mindestens 50% des Songwritings, geschrieben wurde. Als wichtigstes Indiz für den Umbruch zeigt sich auf "Sounds of a Playground Fading" aber ganz deutlich, dass IN FLAMES ihre Melodic-Death-Wurzeln anscheinend immer mehr zu verlassen gedenken und sich endgültig auf das schwammige Genre "Modern Metal" konzentrieren wollen.
Wie genau definiert sich dieser "Modern Metal" eigentlich? Irgendwie ist die Bezeichnung in aller Munde, doch noch keiner hat sich ernsthaft mal daran versucht, ein paar Charakteristika auszuarbeiten. Wenn wir nun das Pferd von hinten aufzäumen und davon ausgehen, dass IN FLAMES, wie alle Welt behauptet, Modern Metal spielen, ergibt sich bei Begutachtung von "Sounds of a Playground Fading" folgendes Bild: Der Modern Metal zeichnet sich durch die Kombination von relativ typischen Songstrukturen und eingängigen, melodiösen Refrains mit der Härte der lauten Stromgitarrenmusik und metallischem Gesang aus. Bisweilen gibt es dazu einen fetten Keyboard-Teppich oder elektronische Einsprengsel und fertig ist das Modern-Metal-Album. Ob man das nun liebt oder von Herzen verflucht, ist jedem selbst überlassen.
Fakt ist jedoch Folgendes: Frisch und modern soll es auf Wunsch der Band auf "Sounds of a Playground Fading" klingen, die typischen IN-FLAMES-Trademarks sollen aber noch zu finden sein. Pop und Metal Hand in Hand - Metal für die ganze Familie quasi. Bei einigen Songs (z.B. bei dem epischen Titelsong, "Where the dead Ships dwell" oder aber auch den etwas härteren "The Puzzle" und "Darker Times") geht dieses Konzept nachdem man den ersten Schreck überwunden hat auch auf. IN FLAMES wie man sie (sofern man denn die letzten Alben auch mochte) liebt: extrem melodisch, extrem groovy, mit einem tollen Gefühl für Breitwandrefrains und ein paar netten Details (z.B. dem tollen Streicherarrangement in "A New Dawn").
Völlig daneben erscheint hingegen der Langweiler "The Attic", welcher in Anbetracht solch großartiger, älterer Halbballaden wie "Satellites & Astronauts", "Evil in the Closet" oder dem grandiosen "The Chosen Pessimist" einfach nur eine Lachnummer darstellt. Als Komplettausfall ist schließlich noch der letzte Track "Liberation" zu sehen, der sowohl in Struktur als auch Melodik und Härtegrad so widerlich anbiedernd poppig ist, dass einem schlecht wird. Wenn dieser letzte Song des Albums die zukünftige Richtung der Schweden anzeigen soll, dann darf wohl schon mal die Seelsorge-Leitung bei Century Media eingerichtet werden. Ich wäre einer der ersten, der anruft.
Unterm Strich bleibt damit ein eigentlich typisches IN-FLAMES-Album: Es gibt härtere Nummern, es gibt softere Nummern, es gibt ein paar fette Epik-Songs. Gut produziert, eingängig, mal besser, mal schlechter, aber im Schnitt durchaus gut. Neu ist hingegen, dass die Schweden sich nunmehr trauen, einen kleinen Schritt weiter in Richtung Pop-Appeal zu gehen. Der extremste Versuch in dieser Hinsicht, der Song "Liberation", geht dabei gleich mal grandios in die Hose. Vielleicht hat der Weggang von Mr. Strömblad doch mehr Spuren hinterlassen, als die Herren zugeben möchten? Zeitweise kann man sich das durchaus einbilden. (Interessant erscheint in dieser Hinsicht übrigens das Interludium "The Jester's Door", welches textlich gut und gerne die Abschiedsworte von Jesper darstellen könnte... oder die Abschiedsworte, die sich der Rest der Band gewünscht hätte.)
Was IN FLAMES vor der Endstation Belanglosigkeit rettet, ist dabei schlicht und einfach, dass es sich bei der hinterbliebenen Truppe um keine musikalischen Dilettanten handelt und hier immer noch ein paar richtig gute Songs bei rumkommen.
Tracklist:
Lineup:
1. Sounds Of A Playground Fading
2. Deliver Us
3. All For Me
4. The Puzzle
5. Fear Is The Weakness
6. Where The Dead Ships Dwell
7. The Attic
8. Darker Times
9. Ropes
10. Enter Tragedy
11. Jester’s Door
12. A New Dawn
13. Liberation
musikalischer Background des Verfassers Prog Rock/Metal, Post Rock/Metal/Hardcore, Djent, Swedish/Melodic Death, Folklore/Neofolk, Neo-Thrash/Metalcore, Black Metal, Düster-Rock u.v.m.
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