Ill Niño leiten ihren Namen von dem globalen Klimaphänomen Namens „El Niño“ (spanisch für Kleiner Junge, Christkind) ab, der immer wieder für Änderungen der typischen Wettermuster auf der ganzen Welt verantwortlich ist. Überschwemmungen und andrerseits Düren sind die Folge. Nun ein musikalisches Phänomen im globalen Umfang sind die Jungs bereits seit Ihrem Debüt „Revolution/Revolución“ aus dem Jahre 2001. Es war sicherlich der erfolgreichste Einfall des guten Chavarri (Ex-Pro Pain und M.O.D.), der die Band ins Leben rief.
Auch auf der dritten Scheibe bieten die Amis eine sehr ausgewogene Mischung aus modernen Thrash Metal Marke Machine Head, melodischen Krams wie Linkin Park und einer Prise Hardcore. Spieltechnisch ist den 7 Herrschaften ohnehin nichts vorzuwerfen. Dies dürfte absolut klar sein und muss deshalb nicht weiter vertieft werden. Auch die gesangliche Leistung von Cristian Machado ist stellenweise überragend. Gebrüllte Parts beherrscht er ebenso wie den cleanen, sehr angenehmen Gesang. Dass mehrere Bandmitglieder südamerikanische Wurzeln besitzen, spiegelt sich in der gelegentlichen Einbindung der spanischen Sprache und lateinamerikanischer Sounds wieder. Damit drücken Ill Nino der Musik ihren eigenen, unverwechselbaren Stempel auf. Hinzu kommen metal-untypische ruhige, sehr melodische Klänge sowie der dezente Einsatz von Keyboards und Samples. Für die hartgesottenen Metaller (die wohl den Großteil unser Leserschaft darstellen ;) ) klingen die letztgenannten Begrifflichkeiten wie pure Blasphemie. Aber halt. Wir haben es hier keineswegs mit Weichspülern zu tun! Wer die Songs der Band nur von Viva und MTV kennt, kennt nur das nette, hitkompatible Gesicht des „Kleinen Jungen“. Dieser hat aber eine Menge mehr zu bieten. So klingen Tracks wie „This Is War“ oder „Turns To Gray“ wirklich derb. Die corigen Riffs bauen, verbunden mit einer sehr selektiven und powervollen Produktion, immensen Druck auf, der bei Bands wie Soulfly oder Ektomorf zu finden ist. Spätestens bei den erwähnten Songs merkt man, dass hier eine echte Metalband am Werk ist.
Auf der anderen Seite stehen die extrem melodischen, fast schon poppigen Stücke, in welchen die Band nicht vor dem Einsatz stilfremder Perkussioneinlagen oder flamenco-artiger Elemente („In This Moment“) zurückschreckt. Die ruhigen Part begleiten den Zuhörer durch das gesamte Album, denn auch die härtesten Songs enthalten Verschnaufpausen und Mitsing-Refrains.
Live gespielt dürften alle Tracks den Saal zum kochen bringen. Und dies liegt sicherlich nicht nur an der hüpfkompatiblen Power der Musik, sondern schlicht und ergreifend an den sehr starken Kompositionen. Songs wie „What You Deserve“, „La Liberacion Of Our Awakening“ oder „All I Ask“ gehören sicherlich in die Schublade „kommerzieller Erfolg“ und bieten sich für die engere Auswahl als Singleauskopplung an. Für meine Ohren besitzt vor allem der letztgenannte Tack zu viele Linkin Park – typische Momente.
Hier setzt zum ersten mal das Wort der Kritik ein. Beim gesamten Werk wird man das Gefühl nicht los, alles klingt zu durchdacht, fast schon kalkuliert und orientiert sich sehr an den Vorlieben des kauffreudigen Jungpublikums. Dadurch erweisen sich manche Songs als zu vorhersehbar. Zudem ist eine gewisse Stagnation in der Entwicklung von Ill Nino zu erkennen. Die Band bringt nicht gerade viele innovative Ideen in das bewährte Konzept ein. Sie geht seit mehreren Jahren geradlinig ihren Weg, was einerseits einen festen Fankreis garantiert (der auch von diesem Output nicht enttäuscht wird). Anderseits erwarte ich von einer Band, die die Spitze der neuen Metal-Bewegung für sich beansprucht etwas mehr Risikobereitschaft neue Wege zu beschreiten.
Aufgrund der sehr guten Kompositionen, die trotz Ihrer hohen Eingängigkeit auch nach mehreren Durchläufen zu gefallen wissen, und sogar neues offenbaren, wird hier ein „Gut“ vergeben. Mit diesem Album werden Ill Nino ihre Position im Nu Metal Sektor weiter ausbauen können.
Ich möchte kein Prophet sein, doch vermutlich wird „One Nation Underground“ der Band den Zenit ihrer Popularität bescheren. Damit dieser Zenit nicht schon bald überschritten wird und der Stern „Ill Nino“ unterzugehen droht, ist für die nächsten Outputs eine Weiterentwicklung zu empfehlen.
Tracklist (wie auf der Promo abgedruckt):
1. This Is War
2. My Resurrection
3. What You Deserve
4. Turns To Gray
5. De La Vida
6. La Liberacion Of Our Awakening
7. All I Ask For
8. Corazon Of Mine
9. Everything Beautiful
10. In This Moment
11. My Pleasant Torture
12. Barely Breathing
13. Violent Saint
musikalischer Background des Verfassers Death Metal, Experimental, Grind, Doom, Sludge, Hip-Hop, Jazz, Prog in allen Varianten
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